ℹ️ Mitochondriopathien

ℹ️ Mitochondriopathien


1   Was sind Mitochondrien?

 Modell eines Mitochondriums (Überseemuseum Bremerhaven)

Der Name Mitochondriopathie leitet sich ab von den Mitochondrien, die in den menschlichen Körperzellen vorkommen. Diese Organellen, von denen es je nach Organ und Zellenart ca. 1000 bis 2000 Stück gibt, machen etwa ein Viertel bis ein Drittel des gesamten Zellvolumens aus.

Mitochondrien sind vor allem für die Bereitstellung der notwendigen Zellenergie verantwortlich, und werden daher oft auch als die »Kraftwerke der Zellen« bezeichnet. Zur Erfüllung dieser Kernfunktion steuern die Mitochondrien auch eine Vielzahl von grundlegenden biochemischen Prozessen des menschlichen Stoffwechsels.

MERKE 💡Mitochondrien stellen die gesamte Energie für die grundlegenden Stoffwechselprozesse in jeder einzelnen Zelle des Körpers bereit!

Für das Verständnis der Entstehung von Mitochondriopathien ist es wichtig zu wissen, dass jedes Mitochondrium ein eigenes Erbgut besitzt, die sogenannte mitochondriale DNA (mDNA), und dass die mDNA (bis auf seltene Ausnahmen) immer über das Plasma der Eizelle der Mutter vererbt wird (maternale Vererbung). Die Anamnese und die Diagnose einer Mitochondriopathie muss daher immer auch die erblichen Vorbelastungen der mütterlichen Linie einbeziehen.

WICHTIG ❗️Jedes Mitochondrium besitzt mit seiner mDNA ein eigenes Erbgut. Diese mitochondriale Erbinformation (inklusive evtl. vorhandener Schädigungen) wird immer über die Mutter vererbt.


2   Was ist eine Mitochondriopathie?

Mit der Silbe -pathie bezeichnet man generell eine Erkrankung. Eine Mitochondriopathie ist also eine Erkrankung der Mitochondrien. Da diese (vor allem) für die Energiegewinnung zuständig sind, ist bei einer Erkrankung also der Energiestoffwechsel der betroffenen Zellen auf irgendeine Art und Weise gestört, stark eingeschränkt oder kommt gar völlig zum Erliegen.

Die Folgen einer solchen elementaren Zellfunktionsstörung können sehr weit reichend sein. Sie können alle Bereiche im Körper betreffen und sich in ganz unterschiedlichen Symptomen und Beschwerdebildern äußern – je nachdem welche Auslöser dafür verantwortlich sind, und welche Organe oder Körperbereiche betroffen sind.

MERKE 💡Eine Mitochondriopathie ist eine elementare Zellfunktionsstörung, bei der die Energiegewinnung für grundlegende Stoffwechselprozesse gemindert bzw. gestört ist.


3   Wie entstehen Mitochondriopathien?

3.1  Primäre Mitochondriopathien

Mitochondriopathien können einerseits die unmittelbare Folge sehr spezifischer genetischer Defekte sein. In diesem Falle spricht man von primären Mitochondriopathien. Viele dieser Erkrankungen sind in der traditionellen Medizin seit langem bekannt, und der Zusammenhang zwischen dem jeweiligen Gendefekt, den daraus resultierenden mitochondrialen Schädigungen und möglichen Beschwerdebildern ist hinlänglich beschrieben (wenn auch die Diagnose im Einzelfall oft äußerst schwierig ist).

Da es sich bei den Gendefekten in den allermeisten Fällen um Schädigungen an der mitochondrialen DNA (mDNA) handelt, werden die Erkrankungen in der Regel über die mütterliche Linie vererbt (maternale Vererbung, siehe hierzu auch den ▸ Abschnitt 1).

Diese spezifischen und insgesamt eher seltenen Formen von Mitochondriopathie stehen hier nicht im Mittelpunkt.

WICHTIG ❗️Ausführliche Informationen zu diesen Erkrankungen finden Sie im Mito-Handbuch, einem Ratgeber der Diagnosegruppe Mitochondriale Erkrankungen (DGM).

3.2  Sekundäre Mitochondriopathien

Schwerpunkt hier auf MITO MAN sind vielmehr mitochondriale Erkrankungen, welche nicht auf spezifischen Gendefekten beruhen, sondern aufgrund äußerer Einflüsse erst im Laufe des Lebens entstehen. In Abgrenzung zu den o. g. primären Formen werden diese als sekundäre oder erworbene Mitochondriopathien, oder als Mitochondriale Zytopathien bzw. Mitochondriale Dysfunktionalitäten bezeichnet.

Zu diesen Formen zählen nach Erkenntnissen der (noch vergleichsweise jungen) Mitochondrien-Medizin auch viele bekannte und weit verbreitete chronische Krankheiten, deren Ursachen von der traditionellen Medizin als »unbekannt« oder »schicksalhaft« eingestuft werden, und daher oft als ursächlich »unheilbar« gelten (siehe auch die Liste im nachfolgenden ▸ Abschnitt 4).

Der ursächliche Zusammenhang von erworbenen mitochondrialen Schädigungen und chronischen Erkrankungen wird von vielen traditionell handelnden Medizinern leider oft nicht gesehen oder prinzipiell abgelehnt. Diesbezüglich besteht also noch ein großer Aufklärungsbedarf!

WICHTIG ❗️Auch wenn es hier vornehmlich um sekundäre Mitochondriopathien geht: insbesondere bei ausbleibendem Therapieerfolg sollte immer auch die Möglichkeit eines spezifischen Gendefektes mit bedacht werden. Entscheidend ist letztlich immer, dass die individuellen Ursachen erkannt werden, damit eine Therapie auch ursächlich wirksam sein kann.


4   Welche chronischen Erkrankungen sind sekundäre Mitochondriopathien?

Beteiligungen von mitochondrialen Schädigungen sind mittlerweile bei vielen bekannten chronischen Krankheitsbildern nachgewiesen. Hierzu zählen nach heutigem Kenntnisstand (2022) (ohne Anspruch auf Vollständigkeit, in alphabetischer Reihenfolge) u. a.:
🩺  ADHS
🩺  Adipositas / unergründliche Gewichtszunahme
🩺  ALS (amyotrophe Lateralsklerose)
🩺  Allergien und Unverträglichkeiten
🩺  Alzheimer-Demenz (Morbus Alzheimer)
🩺  arthritische Beschwerden
🩺  Asthma bronchiale
🩺  atopische Dermatitis (»Neurodermitis«)
🩺  Augenerkrankungen (KataraktGlaukom)
🩺  Störungen aus dem Autismus-Spektrum
🩺  Diabetes mellitus Typ 2
🩺  Darmerkrankungen (Colitis Ulcerosa, Morbus Crohn)
🩺   (idiopathische) Epilepsie
🩺   Erschöpfungssymptome / CFS
🩺  Krebs
🩺  Magenbeschwerden/Magengeschwüre
🩺  Migräne
🩺  Morbus Parkinson
🩺  Reflux (»Sodbrennen«)
🩺  rheumatische Beschwerden

Da Mitochondrien überall im Körper vorhanden sind, manifestieren sich mitochondriale Schädigungen häufig nicht nur an einem Ort und in einer Erkrankung, sondern es treten im zeitlichen Verlauf mehrere der genannten Erkrankungsbilder in Kombination auf (sogenannte Multimorbidität). Grundsätzlich gilt deshalb:

🆘  Wenn eines der genannten Krankheitsbilder vorliegt (und nicht ursächlich behandelt wird), ist die Entwicklung weiterer Symptome nicht weit entfernt. Die Wahrscheinlichkeit für weitere Erkrankungen nimmt umso mehr zu, je weiter das Lebensalter fortschreitet und je weniger thrapeutisch unternommen wird.


5   Wie entsteht eine sekundäre Mitochondriopathie?

Eine sekundäre Mitochondriopathie entsteht niemals in kurzer Zeit durch eine bestimmte Ursache. Ganz im Gegenteil! Sie entsteht durch eine Vielzahl von Faktoren, die während der gesamten Lebenszeit (inklusive der Zeit im Mutterleib!) Einfluss auf den Zellstoffwechsel – und damit auf die Mitochondrien – nehmen. Welche Ereignisse im individuellen Fall zu einer sichtbaren und spürbaren Erkrankung führen, bestimmt (neben einer evtl. vorhandenen genetischen Veranlagung) vor allem die persönliche Lebensweise – insbesondere die Ernährung, physische und psychische Belastungen und die Umwelteinflüsse, denen sich jemand aussetzt oder denen er/sie ausgesetzt wird.

Die nachfolgende Aufzählung nennt eine Auswahl möglicher Einflussfaktoren, die die Entstehung einer Mitochondriopathie fördern können:
⚡️  Vererbung mitochondrialer Gendefekte mütterlicherseits
⚡️  Komplikationen in der Schwangerschaft der Mutter
⚡️  Unfälle mit Beteiligung der Wirbelsäule
⚡️  Genick-Instabilitäten
⚡️  hoher Kohlenhydratkonsum
⚡️  hoher Anteil industriell verarbeiteter Nahrungsmittel
⚡️  unausgewogenes Verhältnis essentieller Fettsäuren
⚡️  hoher Zuckerkonsum
⚡️  schlechte Nachtschlafqualität
⚡️  regelmäßiges, langes Sitzen / zu wenig Bewegung
⚡️  lang anhaltender, hoher psychischer Stress (Disstress)
⚡️  zu hohe, extreme oder falsche körperliche Belastung (Beruf, Sport)
⚡️  Medikamente
⚡️  Umweltgifte (Stäube, Aerosole, Nanopartikel …)

Ausführliche Informationen zu Einflussfaktoren, Ursachen und deren Folgen finden Sie unter dem ▸ Menüpunkt »Ursachen«.


6   Weitere Informationen

🔗  »Nitrosativer Stress und Mitochondriopathie« (Naturheilpraxis R. Clemens)
🔗  »Handbuch: Mitochondriale Erkrankungen« (DGM)